Biologie und Schadbild
Der Oïdium Pilz ist wirtsspezifisch und wächst auf der Pflanzenoberfläche (Ektoparasit). Der Pilz überwintert als Myzel zwischen den Knospenschuppen. Bei Knospenbefall kann das Myzel bereits bei Knospenaufbruch die sich entwickelnden Triebe befallen. Man spricht in dem Fall von den sogenannten "Zeigertrieben". Diese sind dann mehr oder weniger vollständig von weißgrauem Myzel überzogen. Hierbei handelt es sich um die Konidenträger mit den entsprechenden Konidien. Diese werden durch den Wind über größere Entfernungen transportiert und haften sich auf grünem Rebengewebe an. Ab einer Temperatur von 5°C und einer relativen Luftfeuchte oberhalb von 40% keimen die Sporen innerhalb von 5 Stunden aus. Das Optimum für die Entwicklung des Pilzes liegt im Bereich von 20 bis 27°C. Unter günstigen Bedingungen kann der Pilz bereits 6 Tage nach einer Infektion neue Konidien bilden.
Eine ideale Wetterkonstellation für die Entwicklung des Pilzes bieten Hochdruckwetterlagen mit kühlen Nächten und warmen Tagen, verbunden mit hoher Luftfeuchtigkeit. Die Taubildung fördert ihrerseits die Sporenkeimung, während die hohen Tagestemperaturen das Myzelwachstum beschleunigen. Regenperioden mit längeren Nässephasen hemmen dagegen die Entwicklung des Pilzes.
Meist wird zuerst die Blattunterseite infiziert. Hier zeigen sich zuerst silbrig, glänzende Flecken und anschließend ein mehlartiger Belag. Die Blattoberseite hellt sich ölfleckenartig auf.


Nach der Blüte sind die jungen Beeren im sogenannten anfälligen "Oïdium-Zeitfenster" (BBCH 61 - BBCH 73) ebenfalls sehr anfällig. Die Zerstörung der Epidermis führt zum sogenannten "Samenbruch", dem Aufplatzen der Beerenhaut. Die Beeren bleiben bis Reifebeginn anfällig für Oïdiumbefall.


Bekämpfung
In den vergangenen Jahren traten in manchen Betrieben trotz regelmäßiger Behandlungen immer wieder Schwierigkeiten durch den Rebenmehltau (Oïdium) auf. Meist wurden die Probleme in der zweiten Julihälfte sichtbar und waren dann kaum mehr in den Griff zu bekommen. Diese Oïdiuminfektionen sind die Folge einer unzureichenden Oïdiumbekämpfung während des Zeitraumes „Gescheine entfaltet“ – „Schrotkorngröße“. Der Oïdiumpilz ist daher immer vorbeugend zu bekämpfen, wobei die größte Anfälligkeit zwischen Gescheinsansatz und Beginn des Traubenschlusses (= Mehltaufenster) liegt. Erhöhte Oïdiuminfektionsgefahr besteht insbesondere bei hohen Tagestemperaturen und kühlen Nächten. Sobald der Neuzuwachs 2-3 Blätter oder 320 - 400 cm2 Blattfläche beträgt, muss umgehend behandelt werden. Eine regelmäßige Kontrolle der Weinberge auf Zeigertriebe sowie die konsequente Nutzung der lokalen VitiMeteo Prognosedienste bilden die Grundlage einer erfolgreichen Oïdiumprävention.
Weinberge mit Vorjahresbefall (sichtbar an den sogenannten "Oïdium-Figuren") sind ab dem 3-Blattstadium zu behandeln. In befallsfreien Anlagen reicht ein späterer Spritztermin ab dem 5-Blattstadium aus. Der Oïdiumpilz muss immer vorbeugend bekämpft werden, wobei die Trauben die größte Empfindlichkeit zwischen Gescheinsansatz und Beginn des Traubenschlusses (= Mehltaufenster) aufweisen.
Austrieb (2-3 Blattstadium) bis zur zweitletzten Vorblütespritzung
Zu den ersten Behandlungen reicht der Einsatz von Netzschwefel aus.
Mehltauinfekionsfenster (Letzte Vorblütespritzung – Schrotkorngröße)
In diesem Zeitrahmen sollten nur hochwirksame Produkte ausgebracht werden. Jede Zeile ist zu befahren. In Hubschraubergebieten sind bei Vorjahresbefall diese beiden Spritzungen unbedingt mit Bodengeräten auszuführen! In oïdiumgefährdeten Lagen erreicht man auch mit einer Trockenschwefelung um die Blüteperiode (30 bis 40 kg Stäubeschwefel pro Hektar), bei einer hohen Lichtintensität (klares Wetter, wolkenloser Himmel), eine ausgezeichnete Bekämpfung. Trockenschwefel nur auf trockene Blattmasse stäuben!
Aufgrund der hohen Resistenzgefahr sollten Strobilurine nicht im Blütezeitraum (ES 57 - ES 71) zum Einsatz kommen. Strobilurine sind vorzugsweise mit Netzschwefel (4,0 kg/ha) zu mischen.
Traubenschluss
Ab Traubenschluss können Triazole sowie Strobilurine und Backpulverprodukte verwendet werden. Bei Verwendung von Vitisan ein Netzmittel zusetzen.
Reifebeginn
Bei der Abschlussspritzung ist unbedingt jede Zeile zu befahren. Hier eignen sich Triazole oder Backpulverprodukte.
Weitere Informationen über die zugelassenen Produkte gegen Oïdium sowie deren Wirkungsmechanismen finden Sie in unseren aktuellen Rebschutzinformationen
Was tun bei Befall?
Empfehlung IVV: Traubenwäsche mit 800 - 1000 L/ha Wasser mit einer Kombination von Netzschwefel und Backpulver durchführen. Hiermit können effektiv Zwischenspritzungen vorgenommen werden, ohne dass das Resistenzrisiko steigt. Bei Bedarf sollte die Behandlung wiederholt werden.
Trockenschwefelung
In oïdiumgefährdeten Lagen erreicht man mit einer Trockenschwefelung um die Blüteperiode (30 bis 40 kg Stäubeschwefel pro Hektar), bei einer hohen Lichtintensität (klares Wetter, wolkenloser Himmel), eine gute Bekämpfung. Nur auf trockene Blattmasse stäuben. Achtung: Raubmilbenschädigend, daher nur in Ausnahmesituationen anwenden.
Resistenzmanagement bei der Oïdiumbekämpfung
Bei der steigenden Resistenzgefahr der aktuell eingesetzten Oïdiummittel und den Folgen eines zunehmenden Wirkungsverlustes gewinnt der Wirkstoffgruppenwechsel (siehe aktuelle Rebschutzinformationen) zunehmend an Bedeutung. Besonders im empfindlichen Blütezeitfenster ist es wichtig, wirksame und zugleich nicht resistenzgefährdete Oïdiummittel einzusetzen. Mit dem Einsatz von Kontaktmitteln wie Netzschwefel und Vitisan kann zudem der Resistenzgefahr in den weniger anfälligen Rebstadien effizient vorgebeugt werden.
Strobilurinhaltige Pflanzenschutzmittel sollten wegen der Resistenzgefährdung NICHT im Blütezeitraum verwendet werden. Diese sollten entweder zu einem frühen Zeitpunkt (bis maximal BBCH 55: Gescheine vergrößern sich) oder zu einem späteren Zeitpunkt (ab BBCH 75: Erbsengröße) zum Einsatz kommen.
Resistenzbrecher Backpulverprodukte: Hiermit können effiziente Zwischenspritzungen (z.B. bei sichtbarem Befall) vorgenommen werden, ohne dass das Resistenzrisiko weiter steigt. Das Weinbauinstitut empfiehlt Backpulver (keine Wartezeit!) besonders für die letzten Spritzungen in der Saison. Diese Präparate Khaben bei Praxisversuchen am IVV hohe Wirkungsgrade erzielt!
Wichtig für den Bekämpfungserfolg sind neben der Berücksichtigung des Anti-Resistenz-Managements die richtige Positionierung der Oïdium Fungizide. Für die Planung einer Spritzfolge kann das folgende Beispiel genutzt werden:

VitiMeteo Oïdiag
Das Prognosemodell “VitiMeteo Oidiag“ berechnet anhand von lokalen Wetterdaten einerseits das aktuelle Oïdiumrisiko und prognostiziert andererseits das Befallsrisiko für die nächsten 5 Tage. Diese Prognosen werden anhand einer Grafik dargestellt. Wie bei “VitiMeteo Plasmopara“ fließen in das „VitiMeteo Oidiag“ das Entwicklungsstadium der Rebe und Witterungsdaten wie Temperatur, relative Luftfeuchtigkeit, Niederschlag, usw. ein. Die momentan vorhandenen 6 Wetterstationen entlang der Luxemburger Mosel sind an dieses Prognosesystem angeschlossen und ermöglichen demnach eine genauere ortsspezifischere Prognose über das Befallsrisiko.
Die Pilzkrankheit Oïdium ist besonders problematisch in Weinbergen mit einem Vorjahresbefall, da hier ab dem Austrieb die jungen Triebe und Blätter mit dem charakteristischen weißen Pilzrasen befallen werden können. Bis zur Blüte ist es also sehr wichtig den Befall an Blättern, Trieben und Trauben zu minimieren. Hinsichtlich dieser Problematik kann das Prognosemodell den wichtigen Termin der ersten Behandlung unter Berücksichtigung des Vorjahresbefalls in einer Anlage festlegen.
Das Prognosemodell bestimmt das Oïdiumrisiko in Form eines Indexwertes (0 bis 100%) für den aktuellen Zeitpunkt sowie für 5 Tage im Voraus. Der Indexwert wird unter Berücksichtigung der stadienspezifischen Anfälligkeit (bis zur Blüte besonders hoch) und verschiedener Klimafaktoren wie Temperatur, Niederschlag und relative Luftfeuchtigkeit ermittelt.
Hinweis: Sämtliche Wetterdaten einschließlich Prognosemodelle mit Helpdokumenten können Sie hier einsehen.